Zu Besuch bei Christina Ludwig im Naturalienkabinett in Waldenburg

Christina Ludwig, Leiterin des Naturalienkabinetts in WaldenburgSie ist Leiterin des Naturalienkabinetts in Waldenburg.

Wie interessant und spannend ein Museumsbesuch sein kann, beweist das Naturalienkabinett in Waldenburg. Dafür sprechen u.a. die stetig steigenden Besucherzahlen. Im Jahr 2017 besuchten 11.700 Menschen das Museum. Eine Steigerung von ca. 4.000 Personen gegenüber dem Vorjahr. Eine Erfolgsgeschichte, die mit dem Namen von Christina Ludwig verbunden ist. Sie ist seit April 2015 Leiterin des Museums. Seit dieser Zeit hat sie es konzeptionell neu aufgestellt und das Kleinod den Besuchern dem heutigen Zeitgeist entsprechend zugänglich gemacht. Ihre Auffassung zum Museum ist simpel: Das Museum gehört jedem und jeder Bürger sollte daran teilhaben!

 

Was macht das „Museum im Museum“ aus?

Das ist das ´spektakuläre Etwas´. Es ist ein „aus der Zeit gefallene Sammlungsensemble“, d.h. es beinhaltet verschiedene Exponate in Ausstellungsräumen, die mit ihrer Einrichtung an sich schon sehenswert sind. Wenn man im Obergeschoss in das Kabinett eintritt, sieht alles sehr, sehr alt aus. Eingerichtet wurde die Ausstellung übrigens bereits 1845 – von Fürst Otto Victor I. zu Schönburg-Waldenburg. Aufgrund dieser Einmaligkeit einer in sich geschlossenen Ausstellung steht diese heute auch unter Denkmalschutz. Unser Museum hat damit das gewisse Etwas, was für das Publikum interessant ist. Das Potenzial war schon immer da und wurde lange nicht genutzt. 

Naturalienkabinett in Waldenburg, 2018

Stromverteiler, er kann Gleich- und Wechselstrom erzeugen.

Aktuell wird innen und außen am Museum gebaut, was passiert da gerade? Bleibt alles im Zeitplan?

Heute arbeite ich mit meinem Team daran, diese Ausstellung auf medial neue Art erlebbar zu gestalten. Unser neues Highlight, was gerade entsteht, befindet sich zukünftig­ im Erdgeschoss unseres Museums. Hier entsteht eine moderne Begleitausstellung zum historischen Obergeschoss, die Ende November 2018 eröffnet wird.

Das Erdgeschoss wurde komplett kernsaniert, d.h. Wände herausgenommen, auch das nötige Fundament musste neu gesetzt werden und das im laufenden Museumsbetrieb! Sanitär, Heizung, etc. alles wurde erneuert. Was entstanden ist, ist ein rund 5,80 m hoher ca. 150 m² großer Raum, der mit einer wahnsinnigen Akustik ausgestattet ist. Ursprünglich wurden die Räumlichkeiten im 19. Jahrhundert als Kutschenwagen-Remise des Fürsten genutzt.

Mit eingeworbenen Fördermitteln konnten wir einen Gestalterwettbewerb für das Erdgeschoss und seine neue Ausstellung ausloben. Den Wettbewerb hat übrigens das junge Büro whitebox GbR aus Dresden gewonnen. Unsere gutbesetzte Jury hat deren Beitrag im November 2016 einstimmig gewählt.

Visualisierung vom Büro: whitebox aus Dresden
Visualisierung: whitebox GbR

Anfang 2017 kam dann der Anruf, dass wir eine hohe Förderung für unser Projekt vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst erhalten können. Zusammen mit dem Kulturraum Vogtland-Zwickau, der Sparkasse Chemnitz sowie der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen und Eigenmitteln der Stadt Waldenburg wird dieses außergewöhnliche Museumsprojekt realisiert.Die Ausstellung wird die Geschichte des Museums, der Sammler und herausragender Einzelobjekte interaktiv und besucherorientiert erzählen. Dafür lassen wir aufwendige 2D und 3D-Animationen entwickeln, z.B. in Kooperation mit der HTW Dresden, Lehrstuhl für Computergrafik. Dabei werden der Fürst und Museumsgründer Otto Victor I. und der Leipziger Sammler und Apotheker Johann Heinrich Linck mittels Visualisierungen animiert. Eine moderne und interaktive Führung mit großem Aha-Effekt entsteht.

Die Realisierung der Baumaßnahmen am Museumsgebäude wird aus verschiedenen Töpfen finanziert, so wird die Sanierung der Außenfassade z.B. über LEADER gefördert. Um auf Ihre Frage zurückzukommen, alles liegt im Zeitplan.

Enfilade Naturalienkabinett in Waldenburg
Enfilade

Sie sind ja selber aktiv in den Umsetzungsprozess eingebunden. Wie schaffen Sie das neben dem Museumsbetrieb?

Seit 3 Jahren arbeite ich mit den Projektbeteiligten intensiv an der Umsetzung. Ich verstehe die leitende Museumsarbeit universell und ganzheitlich und versuche bei allen Bauberatungen dabei zu sein. Die Neukonzeption eines ganzen Museums (baulich und inhaltlich) ist eine herausfordernde und zeitintensive Arbeit, die sich selten an die üblichen Bürozeiten hält. Sie kann nur gelingen, wenn möglichst viele Beteiligte mit Herzblut an die Sache herangehen. Solch einen Prozess zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, ist vor allem der Verdienst des Trägers, der Stadt Waldenburg. Nur wenn eine Kommune, die Verwaltung sowie die Kommunalpolitik hinter einem Vorhaben dieser Größenordnung stehen, kann es gelingen.

Stichwort: Das Museum neu denken!

Das versuche ich und da unterscheiden wir uns hier mit unserem Museum doch etwas. Was ich mache, ist die Vorbilder der großen Museen bzw. Museumsstandards zu adaptieren und auf unsere Gegebenheiten zu übertragen. Dabei ist allerdings zu prüfen, was mit den vorhandenen Resourcen (Personal z.B.) tatsächlich machbar ist. Ziel ist ein hohes Maß an Professionalität zu etablieren und dabei unsere gegebenen Möglichkeiten im Blick zu behalten. In gewisser Hinsicht hat unsere Herangehensweise schon Modellcharakter.

Wir haben neue Formate getestet, wie ein Museumskino in Kombination mit Nachtführungen durch das Haus und Kostümführungen veranstaltet. Eine besondere Rolle kommt der Museumspädagogik zu. Anfang 2017 wurde uns die Festeinstellung einer Museumspädagogin ermöglicht, ein klares Bekenntnis der Stadt Waldenburg zu ihrem musealen Kleinod und der Öffnung für die ganze Bevölkerung. Das spiegelt sich dann ebenso in den steigenden Besucherzahlen wider.

Ich hoffe sehr, dass durch unser Beispiel vielleicht auch anderswo in Sachsen / Mitteldeutschland kleine Museen aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden können bzw. ihr Bestehen für die Zukunft gesichert werden kann.

Naturalienkabinett Waldenburg, Raubkäfer Sammlung

Historischer Sammlungskasten mit Insekten aus dem 19. Jahrhundert. 

Das Thema Vernetzung ist ja auch für Sie sehr wichtig insbesondere in der Region.

Wir treffen uns in diversen Gremien und tauschen uns aus. Potential nach oben, wie sie fragten, gibt es sicherlich immer. Meist sind die Museum personell unterbesetzt, dann kann es ebenso passieren, dass die Leitung schon mal selbst an der Kasse aushilft. Es bleibt dann wenig Zeit, noch etwas anderes zu machen. Einiges wäre in der Museumslandschaft in der Region sicher ausbaufähig, das ist aber immer von der jeweiligen Trägerschaft der Museen abhängig. Eine Leitung kann noch so gut ausgebildet und hoch motiviert sein, wenn die Träger eine Weiterentwicklung der kulturellen Einrichtungenblockieren, wird die eigene Arbeit obsolet. Wichtig ist also nicht nur der Austausch untereinander, sondern auch nach „oben“ zu den Trägern und nach „unten“ zu den Nutzern/Besuchern.

Welche Funktion haben für Sie die Sozialen Medien?

Wie sie Eingangs formulierten, sind diese unheimlich relevant. Ob wir jemanden als Besucher bei facebook haben oder er oben in der Ausstellung ist, ist für uns gleichwertig. Es existiert leider immer noch die Auffassung, dass man diese Arbeit in den sozialen Medien nebenbei machen kann und das ist sicherlich nicht richtig. Social Media benötigen vor allem Zeit, die naürlich immer knapp ist. Dass sich das Engagement dann zu großen Teilen in der „Freizeit“ abspielt ergibt sich für den Erfolg der Sache von selbst. Unser Museum besitzt Social Media Accounts bei facebook, Twitter und Instagram. Dort geben wir u.a. einen Einblick hinter die Kulissen und zeigen, was in der täglichen Museumsarbeit passiert. Wir sind überall unter dem Namen „NKWaldenburg“ zu finden.

Mumienkopf. Naturalienkabinett in Waldenburg, 2018

Ägyptische Mumie „Shep-en-Hor“, 2650 Jahre alt. 

Waldenburg goes international

Nächste Woche steht der Besuch von Kuratoren aus London an, die Christina Ludwig dann in englischer Sprache durch das Haus führen wird. 
Und sie hat eine fantastische Gabe, denn sie hält einen bei einem gemeinsamen Museumsrundgang mit ihren spannenden Ausführungen gefangen. Die Zeit verging im Fluge. Was gleichzeitig ein Anreiz ist, wiederzukommen und das Museum mit seinen Schätzen zu entdecken.

Ebenso ein Appell an die Bewohner in und außerhalb unser Region: Kommen auch Sie vorbei, denn hier existiert im wahrsten Sinne:

„Die Lust auf MEHR Museum“ und bringen Sie unbedingt eins mit: Zeit! Zeit für etwas Besonderes!

Seien Sie bereit für eine Entdeckerreise durch spannende Epochen der Menschheitsgeschichte und ein Haus, das wirklich faszinierende Einblicke bietet!

Das Museum finden Sie übrigens auch auf den folgenden Social-Media-Kanälen:

https://www.facebook.com/NKWaldenburg
https://twitter.com/NKWaldenburg
https://www.instagram.com/NKWaldenburg

Fassadensanierung des Naturalienkabinetts in Waldenburg, LEADER
Ein Foto vom Zustand der Fassadensanierung. (LEADER Projekt der Region Schönburger Land, Juni 2018) 

Das Porträtfoto von Frau Ludwig sowie das 2 und 3 Foto wurden uns vom Museum zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür.

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