Der Lebenshof Waldenburg

…ist wahrlich ein Ort der Begegnung!

Davon konnten wir uns bei unserem Besuch und dem Gespräch mit dem Leiter des Hofes, Herrn Pistorius überzeugen. Die Einrichtung ist ein Teil des Lebenshilfewerks Hohenstein-Ernstthal e. V. (http://lehiwe.de/lebenshof/)

Er wohnt mit seiner Frau und den drei Kindern seit August 2016 auf dem Vierseithof in Waldenburg. Insgesamt wuchs seitdem die Zahl der zu betreuenden Mitarbeiter auf aktuell 14 an, die im Bereich der Landwirtschaft und Grünflächenpflege tätig sind. 2 Gruppenleiter ergänzen und betreuen das Team. Die Koordination des Ganzen liegt bei Herrn Pistorius. Die hier beschäftigten Menschen sind zwischen 18 und 55 Jahren und haben Anspruch auf einen geschützten Arbeitsplatz.

Das Vorbild der praktizierten, bäuerlich-ökologisch ausgerichteten Kreislaufwirtschaft wird auch mit Daniel Pistorius gelebt. Seine Ausbildung als Landwirt mit Studium der Agrarwirtschaft in Dresden prädestinierten ihn u.a. für die Arbeit. Daneben zeichnet ihn der sympathische und liebevolle Umgang mit den zu betreuenden Menschen aus.

Herr Pistorius, wie kamen Sie zu der Lebenshilfe?

Nach dem wir rund 7 Jahre einen Bauernhof in Österreich hatten, haben wir im Herbst 2014 den Entschluss gefasst, zurück nach Deutschland zu gehen. Das Lebenshilfewerk Hohenstein-Ernstthal e.V. hatte damals einen Bauernhof erstanden und wollte auf dem Grundstück ein Projekt starten. Vorrangig war dabei, dass es eine Familie vor Ort, also auf dem Bauernhof geben muss. Daraufhin habe ich zu Frau Gläß, der Geschäftsführerin vom Lebenshilfewerk Hohenstein-Ernstthal e. V., Kontakt aufgenommen und mich mit ihr zu einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch getroffen. Der Vorstand vom Verein hat sich kurz danach entschieden, eine Stelle auszuschreiben. Nach meiner erfolgreichen Bewerbung haben meine Frau, unsere 3 Kinder und ich uns entschlossen, die Stelle anzutreten, was eine gute Entscheidung war.

Zudem ist es für mich im Leben wichtig, dass es bei allem unserem menschlichen Tun vorwärts geht. Dafür engagiere ich mich täglich. So habe ich selbst Freude an der Arbeit und es verschafft mir eine Menge Motivation, die ich an andere weitergeben kann.

Herr Pistorius, Sie und Ihr Team arbeiten ja nicht nur hier auf dem Lebenshof. Wer sind denn Ihre Auftraggeber?

Von uns werden Firmen, als auch Kommunen (z.B. Callenberg) in der Grünflächenpflege betreut. U.a. wird durch unser Team aktuell ein Waldfriedhof gepflegt.

Es sieht ja so aus, dass neben der Pflege als weiteres Standbein ebenso auf dem Hof Produkte erwirtschaftet werden?

Das ist richtig. Der Hof selbst wurde damals ohne landwirtschaftliche Nutzfläche übernommen. Anfang 2017 ergab sich dann allerdings im Nachbarort die Gelegenheit, eine 1,8 ha große Aronia Plantage mit einer dazugehörigen Geflügelhaltung zu übernehmen. Aus Altersgründen konnte der Besitzer diese nicht mehr pflegen und bewirtschaften. So hatten wir nunmehr jährlich die Möglichkeit 15-20 Tonnen Aroniabeeren zu ernten. Diese verkauften wir dann zur Weiterverarbeitung an ein Unternehmen in Dresden. Leider ist aber ein gewisser Preisverfall auf dem Markt zu verspüren und wir mussten uns etwas neu orientieren bzw. ausrichten.

Bei der Aroniaernte. Fotos: Daniel Pistorius

Die Pflege einer solchen Plantage ist ja eher extensiv zu bezeichnen. Schaffen Sie das alles mit Ihrem Team?

Ja das stimmt. Im Gegensatz zu anderen Obstplantagen kann man diese Beerensorte pflegemäßig als extensiv bezeichnen. Die Sträucher brauchen z.B. kaum geschnitten werden. Mittlerweile wird es immer schwieriger, die Beeren maschinell zu ernten, da die Größe der Sträucher weit über dem Optimum liegt. Im kommenden Winter ist geplant drei viertel der Reihen bis zum Boden zurückzuschneiden. Und da muss dann unser komplettes Team ran. Was uns darüber hinaus zu Gute kommt ist, dass die Sträucher die Aroniabeeren über dem allgemeinen Durchschnitt tragen und sie besitzen dabei eine Spitzenqualität. Wie ich schon sagte, versuchen wir auch neue Wege zu gehen. So vertreiben und verkaufen wir noch in kleinen Margen den von uns selbstgepressten Aroniasaft in der Region. Mit diesem Standbein, das wir noch ausbauen wollen, versuchen wir eine gewisse Unabhängigkeit zu erreichen. Wir bieten den Saft in 3 Liter Verpackungen an, die für den Konsumenten handlich und doch preislich erschwinglich sind.

Ergänzend dazu haben wir versucht, andere Obstsorten breiter zu fächern und haben selbst andere Sorten in Waldenburg angebaut. Dazu zählen alte Apfelbaumarten. Zudem besitzen wir noch zwei Gewächshäuser für die Jungpflanzenanzucht, sowie Tomaten- und Gurkenanbau. Daneben bauen wir auf ca. 30 a Kartoffeln und verschiedene Gemüsearten an. Das stellen wir dann unserer Großküche in Oberlungwitz zur Verfügung. Über unseren Kartoffelanbau sind wir in der Lage einen Teil des Gesamtbedarfs zu decken. Damit kommt die Küche dann rund bis Weihnachten aus.

Auf dem jährlich stattfindenden Waldenburger „Basilikum-Markt“ waren wir zum ersten Mal mit einem Stand vertreten. Unsere Jungpflanzen, die wir verkauften, haben sprichwörtlich einen reißenden Absatz gefunden. Das ist doch ein schöner Erfolg für unsere Anzucht sowie unserer gemeinsamen geleisteten Arbeit.

Sieht es denn inzwischen so aus, dass die umliegende Bevölkerung auf Ihrem Hof zum Einkaufen vorbeikommt?

Momentan besitzen wir keinen eigenen Verkaufsraum auf dem Hof und ebenso können wir diesen nicht, was wichtig ist, kontinuierlich besetzen. Es freut uns allerdings, dass der Verkauf zunimmt ohne dass wir eine große Öffentlichkeitsarbeit dazu betreiben.

Das klingt doch wahrlich ein bisschen wie eine Erfolgsstory, die Sie sich mit Ihrem Team erarbeiten konnten?

Das können wir sicherlich zu Recht feststellen und wie gesagt, das zu erfahren, freut uns alle. Bei der Bauernzeitung (für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, 2019) konnten wir sogar einen Artikel zu der Aroniaernte platzieren. Eine Mitarbeiterin hat es sogar auf die Titelseite der Septemberausgabe 2019 geschafft.

Mir ist bei der Vorbereitung zu unserem Gespräch auch der Begriff Biolandbetrieb aufgefallen. Was hat es damit auf sich?

Wir besitzen eine Zertifizierung, die uns als Biolandbetrieb ausweist. D.h., dass bei uns einmal jährlich eine umfangreiche Bio-Kontrolle durchgeführt wird. Dabei handelt es sich wiederum eine Extra-Zertifizierung, die durch eine spezielle Firma übernommen wird.

Festzustellen bleibt für mich, dass Bioprodukte doch etwas teurer am Markt platziert werden müssen. Das Gute ist aber auch, dass die Bevölkerung das immer mehr akzeptiert. Leider haben finanziell nicht alle Käuferschichten die Möglichkeit, Bioprodukte öfters zu kaufen.

Herr Pistorius, der Cap-Markt ist ja ein Ort, wo Menschen mit Behinderung, also Menschen mit Handicap im Lebensmittelmarkt arbeiten.

Richtig, das ist z.B. bei uns ein Integrationsmarkt mit der Bezeichnung CAP und dieser gehört mit zum Lebenshilfewerk. Auf 700 m² Verkaufsfläche finden man dort rund 7.000 Artikel und Waren des täglichen Bedarfs. Hier haben behinderte Menschen sowie ehemalige Mitarbeiter der Werkstatt für behinderte Menschen einen versicherungspflichtigen Arbeitsplatz. (Quelle: http://lehiwe.de/cap-markt)

Welche Funktion übernimmt das Haus in dem Vierseithof, in dem wir uns jetzt befinden?

Wo wir uns gerade aufhalten, das ist unser Gemeinschaftshaus. Hier befinden sich Gemeinschaftsräume, wie Küche, Speise und Versammlungsraum. Wir beide sitzen gerade in meinem kleinen Werk- und Arbeitsraum. Daneben haben wir 5 Singlewohnungen (mit separater Dusche + WC) im 1 und 2. Obergeschoss eingebaut. Eine ist davon gerade noch nicht belegt, aber es gibt schon eine Anwärterin dafür. Die Wohnungen sind Teil unseres ambulant betreuten Wohnungsangebotes.

Herr Pistorius, das war doch ein interessantes Gespräch und wir sind überzeugt, Sie sind mit dem Lebenshof auf einem guten Weg. Der zurückgelegte Weg stellt sich zudem als beachtlich dar und verdient obendrein mehr als ein Kompliment für Ihre gemeinsame, geleistete großartige Arbeit.

Wie wir wissen, geht es auf dem Hof mit einem neuen Projekt und der Sanierung weiter. Als nächstes soll der Kuhstall umgebaut werden. Zukünftig findet dort eine Kräuterschule ihren Platz. Diese soll zudem eine halböffentliche Nutzung erfahren. D.h., u.a. können Kinder von Grundschulen und Kitas diese besuchen und sich über den Arbeitsprozess ein Bild machen. Das Vorhaben setzt somit in besonderer Weise den Inklusionsgedanken um und hat für die Schönburger Region einen weitreichenden innovativen Charakter.

Und wenn es dann noch gelingt den Hofladen mit einer permanenten Stelle besetzen, ist der Lebenshof bestens für die Zukunft gerüstet.

Abschließend sagen wir, vielen Dank für das Treffen und ebenso ans Team, die sich dann ohne großes Zureden für ein Gemeinschaftsfoto im Hof eingefunden hatte. Denn, das sind die Personen, die genauso für und hinter dem Erfolg des Lebenshofes stehen. Und Ihnen allen wünschen wir weiterhin viel Erfolg.

Der Umbau wurde mit LEADER-Mitteln und Mitteln des Freistaates Sachsen der Region Schönburger Land gefördert. Das neue Projekt der Kräuterschule wird ebenfalls mit LEADER-Mitteln unterstützt.

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