Karrierestart in der Garage

Wir alle kennen die Geschichten, wo viele der erfolgreichen Karrieren sprichwörtlich in einer Garage begannen. So ähnlich verlief die unternehmerische Biografie von Marcus Seidel (http://sattlerei-seidel.de/). Begonnen hat er 2015 mit Kleinstreparaturen in Glauchau, damals noch in einer kleinen Garage (Foto 1). Etwas später hat er konsequenterweise seine Berufung weiterverfolgt und dann die Ausbildung zum Meister der Sattlerinnung mit Auszeichnung abgelegt.

Was ganz klein begann, entwickelt sich seit 2018 immer mehr zu einer erfolgreichen Story. Früher wurden noch Autos von Freunden mit Leder ausgestattet und nun kommen die richtigen interessanten Nachfragen. Wie z.B. aktuell der Rolls-Royce Oldtimer (Baujahr 1952), den er restauriert. Kein leichtes Unterfangen, wie sich nun zeigte, nunmehr das passende Leder für das noble Stück zu organisieren. Der Besitzer des Wagens war bei seinem Besuch ebenso von der professionellen Ausstattung der Werkstatt des Jungunternehmers überzeugt und gab seine noble Karosse in Marcus Seidels Hände. Entsprechend seiner Firmenphilosophie: „Aus Alt mach Neu, statt Masse wird Klasse, aus Standard wird Exklusivität.“ Er restauriert aber nach wie vor genauso die Youngtimer unter den Autos.

Foto vom Fotografen Herrn Andreas Kretschel

Foto 2: © Andreas Kretschel   

Der Umbau zur Sattler-Werkstatt war nur möglich, in dem sich ergänzend zu einer beantragten LEADER-Förderung die alte marode Scheune zu einer perfekten Arbeitsstätte im Jahr 2018 entwickeln ließ.

Herr Seidel, der Beruf des Fahrzeug-Sattlers ist zwar ein traditioneller, aber doch eine etwas ungewöhnliche Berufswahl. Wie kamen Sie dazu, ihn zu erwählen?

Ich bin eigentlich durch mein Hobby dazu gekommen. Angefangen hat es natürlich mit den Autos, die wir damals schon umbauten. Dann stellte sich die Frage: Welchen Beruf wählst du eigentlich? Ein Kumpel hat sich schon zum KFZ-Mechatroniker ausbilden lassen, aber das war nicht so meins. Der Umgang mit Leder hat mir damals schon so viel Spaß bereitet, dass es mich interessierte und so ist die Berufswahl gefallen. Es war aber schwierig, hier in Sachsen jemanden zu finden, der so eine Ausbildung anbietet. So habe ich bei einem Automobillieferanten im Musterbau in Thüringen meine Ausbildung zum Fahrzeugsattler begonnen und abgeschlossen. Meine Frau hat mich immer unterstützt und meinte anschließend: Mach doch noch deinen Meister. Und so habe ich mich 2015 für meine Meisterausbildung in Bayern angemeldet und wurde 2018 fertig.
Es ist heute für mich persönlich immer noch wichtig am Ende eines jeden Tages zu sehen: Was hast du gemacht? und das Ergebnis macht mich doch stolz.


Foto 3: Sanierte Giebelseite

Ist das für Sie nicht auch von Vorteil, diesen Meisterbrief vorweisen zu können? Ich denke da an den Rolls-Royce, den Sie restaurieren und die Kundschaft in den Kreisen?

Das würde ich auf jeden Fall bestätigen. Der Besitzer des Wagens hat schon danach gefragt und so ist es sicherlich von Vorteil sich als Meister des Handwerks bezeichnen zu können. Er hat sich übrigens auch selbst ein Bild von der Werkstatt gemacht und sich so davon überzeugen lassen, das Auto von mir restaurieren zu lassen. Für ein Traditionshandwerk wie die Sattlerei gehört sich ein Meistertitel. Das gibt auch meinen Kunden die Sicherheit, dass Sie es mit einem professionellen „Fzg“ Sattlerei zu tun haben.

Diese Oldtimer herzurichten, das sind doch für Sie sehr gute Referenzobjekte?

Auf jeden Fall wirkt sich sowas für mich als Referenzobjekt positiv aus, um mich entsprechend in dem Oldtimerbereich zu etablieren.

Wie sieht es denn mit den Kapazitäten aus und sind Sie in der Lage mehrere Autos herzurichten?

Das ist möglich und war ja wichtig, dass wir an mehreren Arbeitsplätzen die Objekte wiederherstellen können. Dementsprechend haben wir ja von der alten Scheune jeweils die Tore in der Breite so belassen, dass wir mit Fahrzeugen hineinfahren können und zudem kamen neue Fenster hinzu. Wir mussten natürlich modernisieren und haben ebenso eine Flüssiggasheizung eingebaut, um bei kälteren Temperaturen weiter arbeiten zu können. Insbesondere in der Näherei ist das sehr entscheidend, um die Räume warm zu halten. Die räumliche Trennung von den Arbeitsbereichen war zwingend notwendig, um die empfindlichen Materialien, die wir verarbeiten, zu schützen. Ebenso müssen die Feinwerkzeuge geschützt werden, denn auch diese dürfen nicht mit Staub oder Gasen in Verbindung geraten. Montage und Demontage sind so separat räumlich getrennt.

Die Familie hat Sie sicherlich privat und beruflich unterstützt?

Das stimmt. Sehr viel zu verdanken habe ich meiner Frau, die mich beruflich motivierte, dass zu machen, was ich am besten kann – das Sattlern. Insbesondere bei der Meisterprüfung, ermutige Sie mich Neues zu wagen: die Königsklasse im Sattlerhandwerk: Cabrioverdecke! So habe ich bei einem alten Cabrio, einem Golf I das Verdeck wieder komplett neu hergestellt. Damals gab es schon etliche Nachfragen, insbesondere auf diesem speziellen Cabrio-Markt.

Aber ebenso hat mich meine Mutter bei der LEADER-Antragsstellung unterstützt. Sie ist selber Bauingenieurin, kennt sich entsprechend fachlich gut aus und hat damals von dem LEADER-Programm erfahren. So haben wir dann in der Region den Förderantrag 2017 zum Umbau der Scheune gestellt. Mein Vater, der selber versierter Handwerker von Beruf aus ist, hat mich von Anfang an beim Ausbau der Scheune wahnsinnig unterstützt und mir geholfen, viele der Arbeiten in Eigenregie durchzuführen.

All das, was jetzt existiert, wäre ohne die Unterstützung meiner Familie nicht möglich gewesen.

Eine abschließende Frage zum umfangreichen Umbau der alten Scheune: Wäre für Sie das finanzielle Wagnis ohne die LEADER-Förderung überhaupt realisierbar gewesen?

Die Förderung war sicherlich wunderbar. Ohne diese hätten wir noch mehr in Eigenregie machen müssen und der Ausbau der Werkstatt, wie sie heute existiert, wäre sicherlich nicht möglich gewesen. Ich bin einfach glücklich darüber, was wir hier gemeinsam entwickelt haben. An dieser Stelle will ich mich als Existenzgründer auch bei der Leaderstelle bedanken, dass es diese Art an Unterstützung gibt.

Herr Seidel, vielen Dank für das informative und sympathische Gespräch und zu guter Letzt möchten wir Ihnen sowie Ihrer Familie beruflich wie privat noch alles Gute wünschen. Bleiben Sie uns weiterhin gewogen.

Foto 1: Regionalmanagement Schönburger Land

Folgende Fotos wurden uns zur Verfügung gestellt.
Foto 2: Rolls-Royce und Herr Seidel aufgenommenn i.d. Werkstatt vom Fotografen Andreas Kretschel 
Foto 3: Nach der Sanierung der Scheune, Aufnahme Giebelseite. © Regionalmanagement
Die Fotos in der Galerie unten zeigen den Umbau der Scheune und wurden von Herrn Seidel gemacht. Ein weiteres Foto zeigt die neue Werkstatt.

 

 

Schreibe einen Kommentar