Vorreiter in der Frauenbewegung?

Die Ausbildung von Frauen in den Schönburgischen Herrschaften des 19. Jahrhunderts

Wie bereits hinlänglich bekannt sein dürfte, war es im ausgehenden 19. Jahrhundert nur wenigen Frauen vergönnt, einen Beruf zu erlernen. Nur unter größten Schwierigkeiten war es ihnen überhaupt möglich, eine gymnasiale Ausbildung, geschweige denn ein Studium zu absolvieren. So etwas war ungeheuerlich und nahezu verpönt. Die wissenschaftlich-akademische Welt war den Männern vorbehalten. Gegner des Frauenstudiums argumentierten scheinbar vorrangig wissenschaftlich-biologisch. Hierbei sei nur die am meisten verbreitete, zitierte sowie gleichfalls kritisierte Schrift war „Das Studium und die Ausübung der Medicin durch Frauen“ des Münchner Anatomen und Physiologen Theodor Ludwig Wilhelm von Bischoff (1807-1882) genannt. Die von Männern diktierte Meinung der Gesellschaft bestand darin, dass Frauen aus rein physiologisch-anatomischen Gründen nicht für eine höhere Ausbildung geeignet wären. Der Titel des Werkes von Paul Julius Möbius‘ (1853-1907) “Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes“ aus dem Jahr 1905 fasst die vorherrschende Meinung prägnant zusammen. Zudem sollte das Studium bei Frauen unweigerlich zu einer Vermännlichung führen. Vor diesem Hintergrund war es um die Jahrhundertwende noch ein langer Weg bis Frauen zum Studium zugelassen wurden.

Das Callnberger Lehrerinnenseminar vor dem Ausbau 1885/86
Q.: Museum der Stadt Lichtenstein

Die Frau hatte den Haushalt zu führen, dem Ehemann eine liebende Gattin zu sein und für das gesundheitliche Wohlergehen und die Erziehung der Kinder zu sorgen. Genau darauf bauten die Möglichkeiten der Berufsausübung für Frauen auf: diese lagen in der Krankenpflege und eben durchaus  im Beruf der Lehrerin. Doch selbst darin sahen die männlichen Kollegen eine bedrohliche Konkurrenz. Die Lehrerinnen mussten sich gegen vielfältigste Angriffe zur Wehr setzen.
Ein grundsätzliches Problem bestand in der Nichtzulassung der Frauen zum Abitur. Auch die Erleichterungen der Zulassung von Frauen an deutschen Hochschulen erfuhren vielfache Kritik. In Deutschland wurde heftig über das Für und Wider des Frauenstudiums diskutiert. Das Umdenken begann mit den neu geschaffenen Möglichkeiten außerhalb Deutschlands. Hierbei gilt die Schweiz als Vorreiter. Aber auch in den anderen europäischen Staaten wurden Erleichterungen zur Zulassung und Absolvierung des Studiums geschaffen.

Die Schönburgischen Lande – ein kleines, heute fast vergessenes Territorium inmitten von Sachsen waren ebenfalls moderne Vorreiter in der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung. Das sehr rückschrittliche sächsische wie auch deutsche und auch schönburgische Bildungswesen war im 19. Jahrhundert eng mit der Kirche verbunden. Lehrer waren oftmals zugleich die Pfarrer. Die Lehrkräfte der einfachen Volksschulen hatten kaum eine nennenswerte Ausbildung von einem Universitätsstudium ganz zu schweigen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging man in Sachsen vermehrt dazu über, die Volksschullehrer in Seminaren auszubilden – jedoch zunächst nur Männer.

Die Reformierung des Bildungswesens war Fürst Otto Victor v. Schönburg-Waldenburg (1785-1859) ein besonderes Anliegen, womit er seiner Zeit weit voraus war. Für ein Stiftungsgeld in Höhe von 60.000 Talern wurde 1856 das Lehrerinnenseminar in der von den Schönburgern gegründeten, damals noch selbständigen Stadt Callnberg bei Lichtenstein errichtet, die erste „Berufsschule“ für Lehrerinnen in Sachsen überhaupt. Der spätere Direktor Kurze beschreibt die Reaktion darauf: „Da die Ausübung von Berufen durch Frauen vor 70 Jahren ganz selten, vielfach sogar völlig unbekannt war, begegnete man dieser Gründung mit Mißtrauen, Abneigung, ja Feindseeligkeit.“. Das Callnberger Seminar blieb 19 Jahre lang das Einzige in Sachsen. Umfangreiche Erfahrungen hatte man bereits mit dem Seminar für Lehrer in Waldenburg (1844) und dem Droyßiger Seminar für Lehrerinnen (1852) machen können …. Diesen spannenden Beitrag können Sie im Ganzen als PDF-Dokument downloaden und weiterlesen >>>

Eine interessante Webseite, auf die wir aufmerksam machen möchten, ist die des Vereins für Geschichte der Stadt Lichtenstein/Sachsen e.V.
https://www.geschichtsverein-lichtenstein.de/


Autor: Dr. Patrick Bochmann

Schreibe einen Kommentar